Joseph Roth
Den Skeptikern einer alles beherrschen wollenden Technokratie wird gelegentlich entgegen gehalten, sie seien zu „romantisch“ ausgerichtet, es fehle ihnen einfach an „Realismus“. Dem wusste schon der begnadete Schriftsteller Joseph Roth (1894-1939) ein literarisches Statement entgegenzuhalten:
„Es war eine jener Vorstellungen gewiß, die man geringschätzig »romantisch« nennt. Nun, weit davon entfernt, mich etwa ihrer zu schämen, bestehe ich heute noch darauf, daß mir diese Zeit meines Lebens der romantischen Vorstellungen die Wirklichkeit nähergebracht hat als die seltenen unromantischen, die ich mir gewaltsam aufzwingen mußte: Wie töricht sind doch diese überkommenen Bezeichnungen! Will man sie schon gelten lassen – nun wohl: ich glaube, immer beobachtet zu haben, daß der sogenannte realistische Mensch in der Welt unzugänglich dasteht, wie eine Ringmauer aus Zement und Beton, und der sogenannte romantische wie ein offener Garten, in dem die Wahrheit nach Belieben ein und aus geht ...“
(Joseph Roth: Kapuzinergruft Kapitel 16)